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Lender of last Resort

Lender of last Resort: Ein eher strittiges Finanzierungsinstrument

Der Ausdruck Lender of last Resort kommt nicht nur aus dem englischen Sprachraum, sondern hat hier auch seinen historischen Ursprung. Anno 1802 spezifizierte erstmals ein gewisser Henry Thornton, britischer Reformer, Bankier, Ökonom und Parlamentarier, die Rolle der Bank von London als „Kreditgeber der letzten Zuflucht“, also zum Lender of last Resort.

Otto Normalverbraucher kennt eher die Redewendung „zur letzten Instanz“ als die des „Kreditgebers der letzten Zuflucht“. Das wird eventuell daran liegen, dass Verbraucher, welche in eine wirtschaftliche Notlage geraten, vermutlich keinen Lender of last Resort finden, auch wenn ein Liquiditätsengpass nur vorübergehend besteht. Ebenso kann es Kleinunternehmen, Mittelständler, Selbstständige, Freiberufler oder von Institutionen nicht als wichtig genug erachtete Kapitalgesellschaften gehen. Denn der Lender of last Resort wird in der Online-Enzyklopädie Wikipedia als ein Kreditgeber definiert, der noch dann Kredit vergibt, wenn ansonsten kein Kapitalgeber mehr dazu bereit ist. Andere deutschsprachige Literatur über Wirtschaft, Finanzwesen, Bankensystem, etc. widmet dem Wortspiel „Lender of last Resort“ kaum eine Definition oder Erklärung.

Schlussfolgernd aus den Erläuterungen der genannten Online-Enzyklopädie kann wohl die Annahme als richtig angesehen werden, dass ein Lender of last Resort krisengeschüttelten Konzernen, bedeutsamen Unternehmen wie Großbanken und Ländern mit hohen Staatsschulden als „Kreditgeber der letzten Zuflucht“ zur Verfügung stehen. Als ein eher strittig anzusehendes Finanzierungsinstrument ist der Lender of last Resort aufgrund des drohenden Moral-Hazard-Problems.

Nichtbeistands-Klausel

Nichtbeistands-Klausel einerseits, Euro-Rettungsschirm andererseits

Grundlage der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) ist der Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1992, in dem die Nichtbeistands-Klausel (No-Bailout-Klausel) als ein maßgeblicher Grundsatz der EU aufgenommen wurde. Hervorgegangen aus der EG, legten sechs Gründungsmitglieder der EU – Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande – und später diese gemeinsam mit weiteren 21 EU-Mitgliedsstaaten wirtschafts- und währungspolitische Regelungen fest. Im Vertrag von Maastricht, auch kurz EU-Vertrag (EUV) genannt, wurde die Nichtbeistands-Klausel gleichlautend des Artikels 104b im EG-Vertrag berücksichtigt, in weiteren Vertragsreformen erfolgten in dieser Hinsicht kaum inhaltliche Änderungen. Neben dem Vertrag über die Europäische Union (EU) ist der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) grundlegende Basis des Staatenverbunds, der zugleich den weltweit größten gemeinsamen Markt darstellt.

Die seit Anbeginn bestehende Nichtbeistands-Klausel (No-Bailout-Klausel) besagt, dass eine Haftung der EU sowie sämtlicher Mitgliedsstaaten für Schulden / Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedsstaates ausgeschlossen ist. Andererseits basieren EUV und AEUV auf dem Prinzip der Solidarität, wonach dem Rat der EU Möglichkeiten für finanzielle Hilfsmaßnahmen in konkreten Notsituationen eines Mitgliedsstaats eingeräumt werden. Die Nichtbeistands-Klausel als Haftungsausschluss soll dennoch verdeutlichen, dass die konkrete Notsituation „Staatsbankrott“ die Übernahme von Staatsschulden keinesfalls vorsieht. Als finanzielle Hilfsmaßnahme dient der viel diskutierte Euro-Rettungsschirm.

Nichtbeistands-Klausel und Europäischer Stabilitätsmechanismus (Euro-Rettungsschirm) haben aufgrund krisenhafter Entwicklungen der Staatsschulden im Euroraum eine neuerliche Debatte entfacht, bei der sich Befürworter und Gegner eines europäischen Binnenmarktes gegenüberstehen. Manche Bürger, Betriebswirtschaftler, Volkswirte, Wissenschaftler, Mandatsträger, Politiker und Entscheidungsträger sehen im Europäischen Stabilitätsmechanismus (EFSF) eine Diskrepanz zur Nichtbeistands-Klausel (No-Bailout-Klausel). Einigkeit hingegen herrscht darüber, dass Regelungen für einen Staatsbankrott bisher völlig fehlen, denn weder Nichtbeistands-Klausel noch Euro-Rettungsschirm wären anwendbar.

Sixpack / Euro-Plus-Pakt

Sixpack / Euro-Plus-Pakt: Eines von diversen Maßnahmenbündeln der EU

Seit dem Jahr 2004 machen Ökonomen/Finanzexperten auf sich abzeichnende Krisen in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Börsenhandel aufmerksam. Seit 2007 versuchen Regierungen durch allerlei Maßnahmenbündel der Banken-, Finanz-, Wirtschaftskrise entgegenzuwirken. Eines davon ist der sogenannte Sixpack / Euro-Plus-Pakt, in dem es vorrangig um die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit in den europäischen Staaten geht, die sich dem nicht ratifizierten Abkommen angeschlossen haben. Sixpack ist im Falle des Euro-Plus-Pakts natürlich keine Verpackungseinheit einer Brauerei, zu dieser Sprachform kam es vermutlich, weil das bundesdeutsche Aktionsprogramm sechs Schwerpunkte beinhaltet, die zur Verwirklichung des Maßnahmenpakets beitragen sollen.

Schwerpunktthemen im Sixpack / Euro-Plus-Pakt sind internationale Wettbewerbsfähigkeit, Stabilisierung des Finanzsektors, Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Der bundesdeutsche Beitrag zum Euro-Plus-Pakt sieht ein Aktionsprogramm vor, in dem Themen wie Finanzierung von Hochschulen und Verkehrsinfrastruktur, Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs, Wettbewerbsstärkung auf Gas-, Strommärkten sowie den Arbeitsmarkt betreffende Reformen vorkommen.

Weitere Inhalte des sogenannten Sixpacks betreffen öffentliche Finanzen, Steuerpolitik, Lohnentwicklungen und Sozialleistungen. Kritik an den mannigfaltig vorhandenen Abkommen besteht hauptsächlich in mangelnder Durchsetzung selbstauferlegter Maßnahmen zur Zukunftssicherung Europas. Neben Sixpack / Euro-Plus-Pakt gibt es den bereits erwähnten Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie den Euro-Rettungsschirm (Europäischer Stabilitätsmechanismus), der ab dem Jahr 2013 insbesondere Regeln zur Vergabe von Krediten und Bürgschaften an wirtschaftlich schwächere EU-Staaten beinhaltet.

Großbritannien, Schweden, Tschechien und Ungarn haben sich dem Sixpack / Euro-Plus-Pakt nicht angeschlossen. 17 Staaten der Euro-Zone sowie Dänemark, Polen, Bulgarien, Rumänien, Litauen und Lettland beschlossen im März 2011 auf einem Sondertreffen in Brüssel, dass der Sixpack / Euro-Plus-Pakt auf freiwilliger Zusammenarbeit beruht und kein völkerrechtliches Abkommen darstellt.

Stabilitäts- und Wachstumspakt

Stabilitäts- und Wachstumspakt soll Preisstabilität & solide Finanzpolitik sichern

Im Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) sind Vereinbarungen zur Führung öffentlicher Haushalte enthalten, die mittelfristig als ausgeglichen angesehen werden. Eine Obergrenze des jährlichen Haushaltsdefizits von drei Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) sowie eine öffentliche Verschuldung bis sechzig Prozent des BIP gehören zu Grundregelungen, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschrieben wurden. Hinzu kommt als eine generelle Regelung, dass Staaten der Euro-Zone dem Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN-Rat) aktualisierte Jahresprogramme vorlegen müssen, aus denen Maßnahmen zum Erreichen einer soliden Haushaltspolitik hervorgehen.

Die Notwendigkeit, in einem Stabilitäts- und Wachstumspakt sowohl Ziele als auch Verpflichtungen bezüglich Preisstabilität sowie angestrebtes Wirtschaftswachstums festzuschreiben, ergaben sich aufgrund weltweiter Finanzkrisen, zudem aus sogenannter vergemeinschafteter Geldpolitik. Damit sind der Wegfall nationaler Geldpolitik und die Einführung des Euro als offizielle Währung in zurzeit 17 Staaten der Euro-Zone gemeint. Obwohl die Staatshoheit beispielsweise bei Fiskalpolitik (umgangssprachlich Finanzverwaltung eines Staates), Rechtssprechung etc. weitgehend erhalten bleibt, wirken sich Stabilitäts- und Wachstumspakt, EFSF, gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik doch auf Handlungsweisen eines Staates aus. Und das betrifft selbst jene Länder, die zwar der Europäischen Union (EU) angehören, nicht aber der Europäischen Währungsunion wie beispielsweise das Vereinigte Königreich oder Dänemark.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beinhaltet neben o. g. Zielen zur Haushaltsführung und Staatsverschuldung auch Sanktionsmechanismen, die greifen sollen, wenn das geduldete Haushaltsdefizit überschritten wird. Dazu gehören Geldbußen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe, Überprüfen der Handhabung von Darlehen sowie Veröffentlichen zusätzlicher Angaben bei Emission von Wertpapieren. Trotz steter Aktualisierung besteht anhaltende Kritik am Stabilitäts- und Wachstumspakt, insbesondere wegen des Nichtdurchsetzens der Sanktionsmechanismen, nicht aus.

Euro-Rettungsschirm

Euro-Rettungsschirm: Mit Krediten Finanzstabilität herstellen

Die unter den härteren Bedingungen der Globalisierung angestrebte Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie deren Wachstum werden angesichts ständiger Krisen zunehmend problematischer. Euro-Rettungsschirm nennt sich umgangssprachlich der Europäische Stabilitätsmechanismus, welcher nach dem Willen der Euro-Zone als dauerhaftes Instrumentarium zur Unterstützung in Not geratener EU-Mitgliedsstaaten fungieren soll. Seit der Jahrtausendwende häufen sich krisenhafte Entwicklungen: Beginnend mit der US-Immobilienkrise folgten Finanz-, Banken-, Wirtschaftskrise ab 2007, Griechenlandkrise ab 2009. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Jahres 2011 sind trotz Euro-Rettungsschirm, Eurobonds, Schuldenbremse, Stabilitäts- und Wachstumspakts mit selbsternannten Vorgaben zum Führen relativ solider Staatshaushalte keine Verbesserungen eingetreten, im Gegenteil: Das krisengeschüttelte Europa muss nun auch noch eine Staatsschuldenkrise überwinden.

Der Euro-Rettungsschirm sieht die Schaffung eines dauerhaften Hilfsfonds vor, aus dem solche EU-Mitgliedsstaaten Kredite erhalten, die am Kapitalmarkt keine Kreditwürdigkeit mehr besitzen. Es wurden strenge Bedingungen für die Bewilligung von Krediten aus dem Euro-Rettungsschirm erarbeitet. Ein klar definiertes Reglement einschließlich Sanktionsmaßnahmen bei Nichteinhaltung beinhaltet allerdings auch der Stabilitäts- und Wirtschaftspakt. Die wenigsten der EU-Mitgliedstaaten erfüllen jedoch die EU-Konvergenzkriterien und Sanktionsmaßnahmen sind kaum durchsetzbar, weil einheitliche Beschlüsse, laut EU-Vertrag erforderlich, nicht zustande kommen können.

Im Euro-Rettungsschirm sind theoretisch Kredite in Höhe von 750 Milliarden Euro garantiert (Stand 07/2011): Aus dem EU-Haushalt, der Zweckgesellschaft für Anleihen mit Namen Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), Zusagen für Kredite bis 250 Milliarden Euro aus dem Internationalen Währungsfonds IWF. Die salopp PIIGS-Länder genannten Staaten Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien gelten als potenzielle Kreditnehmer aus dem Euro-Rettungsschirm, wobei Griechenland das Ranking anführt. Neben Krediten schließt der Euro-Rettungsschirm Bürgschaften, Garantien, andererseits Forderungen an die Kreditnehmer ein (Analyse der Staatsschuldenkrise, Anpassungsprogramme erstellen).

Moral-Hazard-Problem

Moral-Hazard-Problem in der modernen Industriegesellschaft

Charakteristisch für das sogenannte Moral-Hazard-Problem ist die Kollision der Interessen zwischen Vertragspartnern, wo Verhaltensänderungen bei einer der Vertragsparteien aufgrund einer vermeintlichen Absicherung gegen ein Risiko eintreten könnten. Ursprünglich bezeichneten Vertreter der Versicherungsbranche ein Moral-Hazard-Problem, wenn Versicherungsnehmer einer Feuerversicherung weniger Sorgfaltspflicht gegenüber Schadensvermeidung aufbrachten als solche Hausbesitzer, die nicht über eine entsprechende Risikoabsicherung in Form der dafür notwendigen Versicherung verfügten. Analog dazu kann das Moral-Hazard-Problem auf Autofahrer zutreffen, weil die Kfz-Versicherung zumindest das finanzielle Risiko minimiert. In diesem Sinne erweiterte sich das Moral-Hazard-Problem aufs Gebiet der Krankenversicherungen. Gesundheitssysteme in modernen Industriegesellschaften gestatten Versicherungsnehmern großzügigere Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Auch unter denen, die behandeln, also Ärzte, Naturheilpraktiker, etc., kann es zum Moral-Hazard-Problem kommen, wenn zum Beispiel relativ unnütze Behandlungen durchgeführt werden. Die Kosten trägt jeweils nicht der einzeln Handelnde, sondern die Gemeinschaft aller Versicherten.

Innerhalb moderner Industriegesellschaften droht ein Moral-Hazard-Problem in Bereichen des Staatswesens selbst (Beamtentum, Sozialstaat), im Finanzwesen und weiteren Wirtschaftzweigen, in denen immer auch Aspekte der Soziologie eine Rolle spielen (soziales Verhalten im Zusammenleben der Menschen). Beispiele für ein drohendes Moral-Hazard-Problem in den genannten Bereichen: Pensionsansprüche, Unkündbarkeit bei Beamten verringern eventuell deren Einsatzbereitschaft; Sozialleistungen des Staates beschränken teilweise Privatinitiative; erfolgsunabhängige Entlohnung könnte bei Arbeitnehmern in gewissem Maße sogar zu unbewusster Leistungsminderung führen.

Im hochaktuellen Kontext Finanzkrisen, Europäischer Stabilitätsmechanismus bis hin zu drohender Staatspleite wird unterm Moral-Hazard-Problem verstanden, dass beispielsweise Überschuldung vergleichsweise unproblematisch gesehen wird, weil EU-Mitgliedsstaaten Finanzhilfen voraussetzen.

Schuldenbremse

Schuldenbremsen sollen den Umgang mit Krediten regulieren

Stark angewachsene Staatsverschuldungen sollen mit einer sogenannten Schuldenbremse in kommenden Jahren und Jahrzehnten begrenzt werden. Nachdem bisher geltende Kriterien den auch auf Kosten zukünftiger Generationen (Generationengerechtigkeit) geschehenen Anstieg der Staatsverschuldung nicht verhinderten, wurden als Schuldenbremse bezeichnete Regulierungen auf nationaler sowie EU-Ebene festgeschrieben. Dreh- und Angelpunkt sind selbstauferlegte Bedingungen, die gegenwärtige und zukünftige Regierungen bei der Aufnahme von Krediten einhalten müssen. Möglichkeiten, mit Krediten die Finanzierung der Staatsausgaben zu bewerkstelligen, sollen mittels Schuldenbremse genau definierte Grenzen erhalten. Allerdings sehen sowohl nationale Regeln als auch der Stabilitäts- und Wachstumspakt – sozusagen die Schuldenbremse der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion – Ausnahmen vor, die zudem nicht frei von Interpretationsspielräumen sind. Zu den Ausnahmeregelungen, die Kredite als Einnahmequelle des Staates dann doch wieder erlauben, gehören Naturkatastrophen sowie die im Konjunkturzyklus auftretende schwere Rezession. Die Schuldenbremse der Schweiz hingegen sieht eine Verpflichtung des Bundes vor, wonach Einnahmen und Ausgaben des Staates über den Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen gestaltet werden sollen. Das heißt, dass die Schuldenbremse der Schweiz, anders als beispielsweise in Deutschland, von vorneherein die weitreichend interpretierbare Ausnahmeregelung auch für Zeiten der Rezession ausschließt.

In Deutschland war für die Einführung der Schuldenbremse eine Änderung des Grundgesetzes notwendig, diese wurde im Jahr 2009 von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Eckpfeiler der Schuldenbremse für Deutschland sind Nettokreditaufnahme des Bundes in Höhe von maximal 0,35 Prozent des BIP (Bruttoinlandprodukt) ab 2016, Verbot einer Nettokreditaufnahme für Bundesländer ab 2020. Bis dahin sieht die Schuldenbremse für Deutschland eine Übergangsregelung vor.

AEU-Vertrag

EU- und AEU-Vertrag sind Gründungsverträge der EU

Seit den 1950er Jahren strebten die europäischen Staaten Gemeinschaften an, die hauptsächlich Erleichterungen in den Handelsbeziehungen vorsahen. Der Vertrag von Maastricht war insofern eine Zäsur, als dass dieser sowie der dazugehörende AEU-Vertrag (AEUV) die Grundlage der Europäischen Union, wie sie sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt präsentiert, bildet. Bekanntermaßen gehört zu den einschneidenden Ergebnissen die Wirtschafts- und Währungsunion, in deren Folge anfänglich elf und bis zum Jahr 2011 vorerst 17 Staaten ihre Landeswährung in eine gemeinsame, nämlich dem Euro, umwandelten. Insofern sind EU- und AEU-Vertrag Abkommen, die das Leben jedes einzelnen Bürgers in derzeit 27 EU-Mitgliedsstaaten von Grund auf änderten. Mit dem Zustandekommen des Europäischen Binnenmarktes auf der Basis einer gemeinsamen Währung erhielten beziehungsweise erhalten in Anbetracht aktueller Krisen bis heute Finanzpolitik, Kapitalmärkte und Kreditwesen eine neue Dimension; Stichwort Euro-Rettungsschirm, der nicht zuletzt aus Steueraufkommen finanziert werden muss.

Der AEU-Vertrag ist in sieben Bereiche mit wiederum umfangreichen Kapiteln gegliedert und hat insgesamt 358 Artikel. Diese behandeln unter anderem Themen wie freier Warenverkehr, Agrarwirtschaft, Fischereipolitik, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungs-, Dienstleistungsfreiheit sowie Kapitalfreiheit und freier Zahlungsverkehr, Verkehrspolitik, Fragen zu Monopol und Kartellrecht. Zudem gibt es im AEU-Vertrag Bestimmungen, die Wettbewerbs- und Steuerpolitik der Europäischen Union sowie Kontrollen der staatlichen Beihilfen behandeln.

Der umfangreiche Kontrakt namens AEU-Vertrag liegt in 23 Amtssprachen der Europäischen Union vor, jede ist rechtsverbindlich. Seit Zustandekommen des AEU-Vertrags gab es mehrmalige Änderungen, die gleichwohl als Aktualisierung bezeichnet werden können, weil auch Abkommen der Europäischen Union an wirtschaftliche Entwicklungen angepasst werden müssen. Das betrifft sowohl EU- als auch AEU-Vertrag.

Nettogeldvermögen

Nettogeldvermögen: Bestandteil der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR)

Der spezielle Begriff Nettogeldvermögen ist vornehmlich im volkswirtschaftlichen Sinne gebräuchlich und drückt hier den Saldo aus, der sich bei der Gegenüberstellung von Forderungen und Verbindlichkeiten ergibt. Der Unterschied zwischen Nettogeldvermögen und Geldvermögen besteht darin, dass letzteres den Zahlungsmittelbestand (ZMB) einschließt. Zum Zahlungsmittelbestand gehören Bargeld, Kassenbestand und das jederzeit verfügbares Guthaben bei Banken. Ist innerhalb einer Volkswirtschaft von privaten Haushalten die Rede, werden Nettogeldvermögen und Geldvermögen umgangssprachlich häufig als identische Begriffe verwendet. In der Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre, in Weiterbildungsseminaren oder Fachbüchern kommt nicht Nettogeldvermögen, sondern ausschließlich der Begriff Geldvermögen vor, wenn es ums Vermögen der privaten Haushalte geht. Das Vermögen eines Unternehmens wiederum wird bekanntermaßen als Betriebsvermögen bezeichnet, welches aus Geld- und Sachvermögen besteht. Auch hier gibt es die Kategorie Nettogeldvermögen im eigentlichen Sinne kaum, weil Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) neben Zahlungsmittelbestand, Forderungen und Verbindlichkeiten zusätzlich diverse weitere Kriterien einbeziehen, beispielsweise Abschreibungen, Rückstellungen, Zinsen für Kredite, Erträge aus Wertpapieren, etc.

Das Nettogeldvermögen als Saldo aus Forderungen und Verbindlichkeiten ist ein Bestandteil der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR). Diese wiederum besteht aus mehreren Nebenrechnungen, unter anderem Vermögens-, Finanzierungs-, Außenwirtschaftsrechnung sowie Berechnungen des BIP (Bruttoinlandsprodukt), diese segmentiert nach Entstehung, Verwendung und Verteilung. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR), mithin auch die Angaben über die Höhe des Nettogeldvermögens, erstellt und veröffentlicht in Deutschland die Deutsche Bundesbank. Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) ist der Standard zur einheitlichen Berechnung/Darstellung der Daten zu BIP, Güter-, Kapitalfluss, Arbeitsmarkt, Nettogeldvermögen, etc.

Rekapitalisierung

Rekapitalisierung soll Finanzstabilität sichern

Rekapitalisierung Definition: Umstrukturierung der Finanzierung eines Unternehmens durch Beteiligung privater Investoren. Unternehmensberater definieren auch einen Firmenverkauf an ein neugegründetes Unternehmen mit veränderten Anteilseignern als Rekapitalisierung. Letztendlich hat der Begriff seit der Finanzkrise 2007, die insbesondere eine Bankenkrise ist, dahingehend Bedeutung, dass risikobehaftete Banken innerhalb einer bestimmten Rekapitalisierungszeit die Erhöhung ihres Eigenkapitals mittels Kredit vornehmen konnten. Deutschland gründete dafür im Jahr 2008 den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) – auch Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung SoFFin genannt. Besagter Fonds dient insofern der Rekapitalisierung der Banken, als dass Kredite und Garantien auf Staatsebene bereitgestellt wurden. „Wurden“ deshalb, weil die Rekapitalisierungszeit auf Ende 2010 begrenzt war, seit 01. Januar 2011 gibt es keine neuen Kredite, bis 2015 sollen laufende Kredite abgewickelt sein. Ob Einzelaktivitäten für die Rekapitalisierung der Banken in engagierten Ländern wie Deutschland oder Frankreich angesichts der Euro-Schuldenkrise ausreichen, ist fraglich.

Unternehmen und Institutionen streben durch Rekapitalisierung eine Umstrukturierung ihrer finanziellen Mittel an. Es wird versucht, die Art der Finanzierung neu zusammenzusetzen, indem sich Anteile des Eigen-, Fremd-, Mezzaninekapitals verschieben. Dafür benötigen entsprechende Marktteilnehmer geeignete Kapitalgeber, die zur finanziellen Beteiligung am Unternehmen bereit sind. Bei der Rekapitalisierung treten Kapitalbeteiligungsgesellschaften als sogenannte Private-Equity-Gesellschaft (PEG) auf, die Fremdkapital in Form von verbrieften Eigenkapitalanteilen oder stillen Einlagen bei interessierten Anlegern wie beispielsweise Versicherungen, Banken, Investmentgesellschaften oder vermögenden Privatpersonen sammeln. Senkung der Kapitalkosten, mithin die angestrebte Finanzstabilität, sind das Ziel jeder Rekapitalisierung.