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Supply Chain Management (SCM)

Supply Chain Management (SCM) ist Lieferkettenmanagement

Im Zusammenhang mit dem als Vertriebsstrategie zu verstehenden Supply Chain Managements wird der Begriff „Management“ nicht wie üblicherweise als Managementmethode (Führung, Leitung eines Unternehmens), sondern als Handhabung der Prozesse in Unternehmen, als Arbeitsweise verstanden. Das auf Anwendersoftware gestützte System Supply Chain Management (SCM) umfasst sämtliche mit der Unternehmenstätigkeit zusammenhängenden Aktivitäten (Wertschöpfungskette, auch Leistungskette genannt) und bezieht darüber hinaus Lieferanten sowie Kunden mit ein. Dafür ist eine Vernetzung aller miteinander konkurrierenden Lieferketten unerlässlich, diese wird über geeignete Schnittstellen zwischen allen Partnern realisiert.

In der Praxis legen im Supply Chain Management untereinander vernetzte Produzenten (in diesem Sinne von Gütern und Dienstleistungen), Lieferanten und Kunden ihre Preisvorstellungen, Preise, Kapazitäten, Liefertermine, etc. offen. Der jeweils unternehmensinterne Bereich des Supply Chain Managements (SCM) schließt sämtliche Kosten betreffenden Daten ein. Zahlungsströme (Geldfluss) werden sowohl intern als auch über Unternehmensgrenzen hinweg erfasst (Rechnungswesen, Buchhaltung).

Supply Chain Management verfolgt eine Optimierung der Lieferkette als ultimatives Ziel. Das heißt, eine effiziente Gestaltung der Planung, Organisation und Durchführung aller zur Wertschöpfungskette sowie Koordination und Zusammenarbeit beteiligter Partner gehörenden Aufgaben. Im Einzelnen beispielsweise Lieferantenwahl, Beschaffung, Auftragsabwicklung, Marketing, Lagerhaltung, Kundenbindung, Informationsaustausch, etc. Als Voraussetzung für ein funktionierendes Supply Chain Management (SCM) nennen entsprechende Literatur und Wissensportale den Zusammenschluss der Informationsverarbeitung mittels geeigneter Anwendersoftware zu allen Partnern.

Vertreter der Betriebswirtschaftslehre (BWL), Wirtschaftsinformatik, Logistik, Prozessorganisation beschreiben SCM auf vielfältige Weise. Collaborative Business wird als Weiterentwicklung des Systems Supply Chain Management gewertet.

Securitization

Securitization entspricht dem deutschen Begriff Verbriefung

Securitization leitet sich vom englischen Wort Security für Sicherheit, Sicherung, Bürge beziehungsweise Bürgschaft ab. Demnach verwenden Wörterbücher, entsprechende Fachliteratur und Wissensportale „Absicherung durch Verbriefung“ beziehungsweise allein den Terminus „Verbriefung“ als Übersetzung für Securitization.

Die gängigste, mithin am leichtesten verständliche Definition für den Ausdruck Verbriefung (Securitization) lautet: Umwandlung von bestimmten Positionen aus Vermögenswerten, konkret sind Forderungen oder Eigentumsrechte im weitesten Sinne gemeint, in eigenständig existierende, handelbare Wertpapiere. Für Securitization geeignete Forderungen bedingen regelmäßigen Zahlungsstrom über bestimmte Zeiträume. Bekanntermaßen ist das bei vielerlei Arten von Krediten wegen steter Zins- und Tilgungsratenzahlungen der Fall. Mittel-, langfristige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Unternehmensdarlehen, Bau-, Immobilienfinanzierungen kommen ebenso infrage. Die Forderungen aus den ursprünglichen Kreditverträgen sollen die durch Securitization neuentstandenen Wertpapiere absichern. Das Kreditrisiko geht somit auf Käufer von nun „forderungsbesicherte Wertpapiere“ (Asset-Backed Security, ABS) genannten über.

Securitization benötigt einen Verkäufer, Originator genannt (Initiator, Urheber), beispielsweise Banken, die Kreditforderungen verkaufen, und einen Käufer, größtenteils eigens dafür gegründete Zweckgesellschaften, sogenannte SPVs (Special Purpose Vehicle). Securitization (Verbriefung) ist von subtiler Komplexität geprägt und viele juristische Regelungen müssen beachtet werden. Es gibt unterschiedliche Arten der Securitization, Beispiel: Credit Default Swap (CDS); in Deutschland etablierte sich das Geschäftsfeld Ende der 1990er Jahre. Auslagerung des Kreditrisikos, Schaffung frischen Kapitals und Möglichkeiten zur Refinanzierung sind Vorteile des Originators einer Securitization.

Senior Debt

Senior Debt, abgeleitet von Debt, hat immer mit Schulden zutun

Begriffe wie Senior Debt, Junior Debt, auch Debt Equity Swap und anderen, die den Zusatz „Debt“ aufweisen, haben immer mit irgendeiner Art von Schulden respektive Verbindlichkeiten zu tun. Denn das Wort Debt beziehungsweise Debenture wird aus dem Englischen mit Schuld, Schulden, Geldschuld, Schuldtitel, Verbindlichkeit, Verpflichtung ins Deutsche übersetzt. Der Ausdruck Senior Debt findet im deutschsprachigen Raum kaum Verwendung und auch seine deutsche Entsprechung „vordringliches oder vorrangiges Fremdkapital“ wird von Lexika der Betriebswirtschaftslehre nicht eigens erwähnt, geschweige denn mit einer Definition unterlegt.

Senior Debt wird bedeutsam wenn es um Folgen von Überschuldung, Insolvenz, Bankrott geht. Laufende Verpflichtungen aus Hypothekendarlehen oder Krediten, seien es Bankkredite, Roll-over-Kredit, Investitionskredit, etc. werden bei eintretender Insolvenz nach Rangfolge bedient.

Eine Finanzierungsart, bei der Senior Debt für Fremdkapitalgeber eine Rolle spielt, ist die Mezzanine-Finanzierung, mithin das sogenannte Mezzanine-Kapital eines Unternehmens. Darunter wird eine Mischform der Finanzierung aus vollhaftendem Eigenkapital und Fremdkapital in Form von stillen Beteiligungen, Genussrechten, Anleihen verstanden. Fremdkapital einschließlich des Senior Debt weist im Rahmen einer Mezzanine-Finanzierung, die in vielen Gestaltungsmöglichkeiten vorkommt, Merkmale von Eigenkapital auf, was Konsequenzen für die Bilanzierung hat. Mezzanine-Finanzierungen beginnen in der Regel ab einem Volumen von durchschnittlich 0,5 Millionen Euro. Gegenstück zu Senior Debt ist der Ausdruck Junior Debt, was nachrangiges Darlehen bedeutet.

Securities Lending

Securities Lending / Wertpapierleihe: Ein eingebürgerter Begriff

Unter Securities Lending wird im Deutschen die sogenannte Wertpapierleihe verstanden, einem Finanzinstrument, das in juristischem Sinne dem ansonsten selten vorkommenden Sachdarlehen zugehörig ist. Das Securities Lending entspricht juristisch nicht der üblichen Leihe, weil dem Grundsatz eines Sachdarlehens nachzukommen und die vertretbare Sache in gleicher Art und Güte zurückzuerstatten ist. Securities Lending sieht eine vorübergehende Übereignung, also die Übertragung des Eigentums in diesem Fall eines Wertpapiers, von einem Wertpapierbesitzer (Verleiher) an einen Händler vor. Für die Rückgabe brauchen nicht, wie ansonsten ein Grundsatz der Leihe, die ursprünglich entliehenen Wertpapiere verfügbar sein, sondern nur solche, die in Art und Güte derselben Gattung entsprechen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Securities Lending / Wertpapierleihe ein Geschäft ist, bei dem der Verleiher ein Wertpapier, Aktie, Anleihe, Pfandbrief, Obligation einem Entleiher für einen begrenzten, vereinbarten Zeitraum zu dessen Nutzung überlässt. Marktteilnehmer beim Finanzmarktgeschäft Securities Lending / Wertpapierleihe sind in aller Regel große Wertpapierhändler, Großaktionäre, Banken, Fondsgesellschaften als Verleiher. Sie verfolgen mit der Securities Lending / Wertpapierleihe unterschiedliche Ziele. Zum Beispiel verbessern Kapitalanleger im Depotgeschäft durch Kostensenkung gegebenenfalls ihre Rendite oder die geliehenen Wertpapiere werden zwecks kurzfristig verschaffende Liquidität verkauft; weiterer Zweck der Securities Lending kann eine angestrebte Kapitalerhöhung sein. Als Entleiher kommen überwiegend Banken infrage, die dem Verleiher eine Gebühr bezahlen. In Deutschland sind Securities Lending / Wertpapierleihe seit 1990 zugelassen.

Sparbuch

Das Sparbuch gehört zu den Formen der Spareinlagen

Historisch betrachtet war das Sparbuch eine von den Sparkassen geschaffene Möglichkeit der finanziellen Vorsorge. Ein Sparbuch hatte den Zweck, Widrigkeiten des Lebens zumindest eine gewisse materielle Absicherung durch längerfristige, sichere und zudem verzinsliche Rücklage entgegenzustellen. Im Zeitenverlauf passte sich das Sparbuch gesellschaftlichen Entwicklungen an. Dennoch gibt es ein paar Grundsätze, die fast unverändert scheinen. So gilt bis heute, dass ein Sparbuch auf den Namen des Inhabers ausgestellt wird und Guthaben der langfristigen Geldanlage dient. Einlagen auf einem Sparbuch können also nicht für den Zahlungsverkehr genutzt werden. Auch daran, dass Banken Konditionen für Spareinlagen auf einem Sparbuch mit Einschränkungen, die auf jeweils geltendem Recht beruhen, dennoch vergleichsweise frei gestalten können, änderte sich nicht allzu viel.

Das Sparbuch im historischen, herkömmlichen Sinne hat heutzutage jedoch fast ausgedient, sodass es nicht verwundert, dass dafür keine allgemeingültige Definition existiert. Legen Bankkunden nichtverbrauchte Teile ihres Einkommens auf sogenannten Sparkonten bei Kreditinstituten an, spricht man heute allgemein von Spareinlagen, zu denen unter anderen das Sparbuch gehört. Weitere sind beispielsweise Tagesgeld, Festgeld, Sparbrief, Banksparplan; überwiegend mit höheren Zinsen als für Guthaben auf einem Sparbuch. Prämiensparen zählt mit zu den Arten der Spareinlagen, es ist dem Typ nach jedoch ein Sparbuch, bei dem ein feststehender monatlicher Sparbetrag vertraglich vereinbart wird. Kündigungsfristen, größtenteils dreimonatige, variabler Zinssatz ausgerichtet am allgemeinen Zinsniveau, Verfügungen ohne Kündigung bis zweitausend Euro pro Monat sind die wichtigsten Eckpunkte beim Sparbuch.

Six Sigma

Six Sigma in Industriebetrieben und im Dienstleistungsgewerbe

Six Sigma wird gemeinhin als eine Methode bezeichnet. Als solche ist Six Sigma dem Qualitätsmanagement zugehörig. Der Name erklärt sich aus dem Ziel, welches in dem Anspruch besteht, Toleranzgrenzen zu erreichen, die vom Mittelwert mindestens sechs (deshalb Six) Standardabweichungen entfernt liegen. Die Maßeinheit ist der griechische Buchstabe Sigma, Klein-Schreibweise: „σ“. Gemessen werden Kennzahlen der Qualität und Kosten; Expertisen bescheinigen der Methode Six Sigma Kostensenkungen in allen Unternehmensbereichen sowie nachhaltige Aufrechterhaltung einer verbesserten Qualität von Produkte und Dienstleistungen.

Six Sigma wird ausschließlich im Rahmen von Six Sigma Projekten in Unternehmen, die als Auftraggeber voll verantwortlich für die Ergebnisse, mithin den Erfolg des Projekts sind, durchgeführt. Ansonsten gibt es Seminare, Schulungen, Ausbildungsprogramme zu Six Sigma; Anbieter sind Akademien, Beratungs- oder Dienstleistungsunternehmen. Six Sigma Projekte dauern zwischen drei bis sechs Monate, durchschnittliche Kosten von einhundert- bis zweihunderttausend Euro werden genannt, die sich jedoch aufgrund der Ergebnisse amortisieren sollten.

Six Sigma schließt bereits bekannte Managementmethoden zur Problemlösung ein, beispielsweise Reengineering, Prozessmanagement oder Kundenmanagement. Für Six Sigma Projekte werden hochqualifizierte Projektleiter, Verbesserungsexperten, Planer, Teammitglieder im Unternehmen tätig. Ein optimales Ergebnis geht, je nach Größe des Unternehmens/Projekts, von etwa zweihunderttausend Euro Kostenersparnis aus. Die Einzelphasen bei Six Sigma sind Definieren, Messen, Analysieren, Verbessern, Steuern. Seit einigen Jahren wird Six Sigma auch im Dienstleistungsgewerbe einschließlich Finanzwirtschaft unerlässlich.

Staatspleite

Staatspleite: Ergebnis einer langfristig unsoliden Haushaltspolitik (Finanzpolitik)

Definition des Begriffs Staatspleite (Staatsbankrott) in Kurzform: Finanzielle Handlungsunfähigkeit eines Landes, die sich aus einer dauerhaften Zahlungsunfähigkeit ergibt, weil notwendige Zahlungsmittel nicht mehr vorhanden sind. Im Grunde ist es wie im „wahren Leben“: Forderungen aus laufenden Krediten können nicht bezahlt werden, eine neue Kreditaufnahme wird unmöglich, es drohen Konkurs und Insolvenz.

Im Unterschied zur privaten Insolvenz oder der von Unternehmen hat eine Staatspleite unvergleichbar größere Folgen, von denen nicht nur die Gläubiger betroffen sind, sondern das gesamte öffentliche Leben in diesem Land. Ein erheblicher Imageschaden wird als weitere Folge der Staatspleite angesehen. Dieser drückt sich in langanhaltender geringerer Kreditwürdigkeit (internationales Rating) auch nach Überwindung von Banken-, Finanz- und Währungskrise in diesem Land aus.

Die Staatspleite kann in zwei unterschiedlichen Formen auftreten. Außer der bereits geschilderten, die sich aufgrund gänzlicher oder teilweiser Nichterfüllung eingegangener Verpflichtungen zur Kredittilgung oder/und Zahlung von Zinsen einstellt, gibt es die folgende: Zahlungsverweigerung der Tilgungs-, Zinsraten, obwohl keine völlige Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Solcherart Staatspleite hat politisch motivierte Ursachen und kam in der Vergangenheit bei Regimewechseln vor, Beispiel: Nach der Oktoberrevolution 1917 übernahm die neugegründete Sowjetunion nicht die Schulden des vordem russischen Zarenreiches.

Ursache für eine Staatspleite ist Überschuldung, das heißt, die Staatsschulden wachsen an, weil Einnahmen und Ausgaben ins Ungleichgewicht geraten sind, was wiederum mannigfaltige Motive haben kann. Wesentlicher Hintergrund ist jedoch zumeist eine unsolide Finanzpolitik, die den Haushalt des von einer Staatspleite bedrohten Landes gefährdet.

Bei den zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) gehörenden Ländern hat die Staatsverschuldung bis hin zur etwaigen Staatspleite aufgrund der gemeinsamen Währung innerhalb der Euro-Zone eine neue Dimension.

Stabilitäts- und Wachstumspakt

Stabilitäts- und Wachstumspakt soll Preisstabilität & solide Finanzpolitik sichern

Im Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) sind Vereinbarungen zur Führung öffentlicher Haushalte enthalten, die mittelfristig als ausgeglichen angesehen werden. Eine Obergrenze des jährlichen Haushaltsdefizits von drei Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) sowie eine öffentliche Verschuldung bis sechzig Prozent des BIP gehören zu Grundregelungen, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschrieben wurden. Hinzu kommt als eine generelle Regelung, dass Staaten der Euro-Zone dem Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN-Rat) aktualisierte Jahresprogramme vorlegen müssen, aus denen Maßnahmen zum Erreichen einer soliden Haushaltspolitik hervorgehen.

Die Notwendigkeit, in einem Stabilitäts- und Wachstumspakt sowohl Ziele als auch Verpflichtungen bezüglich Preisstabilität sowie angestrebtes Wirtschaftswachstums festzuschreiben, ergaben sich aufgrund weltweiter Finanzkrisen, zudem aus sogenannter vergemeinschafteter Geldpolitik. Damit sind der Wegfall nationaler Geldpolitik und die Einführung des Euro als offizielle Währung in zurzeit 17 Staaten der Euro-Zone gemeint. Obwohl die Staatshoheit beispielsweise bei Fiskalpolitik (umgangssprachlich Finanzverwaltung eines Staates), Rechtssprechung etc. weitgehend erhalten bleibt, wirken sich Stabilitäts- und Wachstumspakt, EFSF, gemeinsame Währungs- und Wirtschaftspolitik doch auf Handlungsweisen eines Staates aus. Und das betrifft selbst jene Länder, die zwar der Europäischen Union (EU) angehören, nicht aber der Europäischen Währungsunion wie beispielsweise das Vereinigte Königreich oder Dänemark.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beinhaltet neben o. g. Zielen zur Haushaltsführung und Staatsverschuldung auch Sanktionsmechanismen, die greifen sollen, wenn das geduldete Haushaltsdefizit überschritten wird. Dazu gehören Geldbußen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe, Überprüfen der Handhabung von Darlehen sowie Veröffentlichen zusätzlicher Angaben bei Emission von Wertpapieren. Trotz steter Aktualisierung besteht anhaltende Kritik am Stabilitäts- und Wachstumspakt, insbesondere wegen des Nichtdurchsetzens der Sanktionsmechanismen, nicht aus.

Staatsinsolvenzordnung

Wird es zukünftig eine Staatsinsolvenzordnung geben?

Das Fehlen einer Staatsinsolvenzordnung lässt sich dadurch erklären, dass Ökonomen, Wirtschafts-, Finanz-, Politikwissenschaftler sowie Entscheidungsträger innerhalb der Europäischen Union (EU) davon ausgingen, dass eine Staatspleite kaum wahrscheinlich sei. Deutschland bräuchte deshalb keine Staatsinsolvenzordnung, weil rein theoretisch zusätzliche Geldmittel durch veränderte Steuergesetze verfügbar wären. Im Übrigen gelten hier bisheriges Steueraufkommen und das Staatsvermögen als sehr sicher, ein Indiz dafür ist auch der Ratingcode Aaa (Moody’s) für bundesdeutsche Staatsanleihen. Hinsichtlich der Staatsinsolvenzordnung betrifft in etwa dasselbe weitere EU-Mitgliedsstaaten wie beispielsweise Frankreich, Niederlande, Österreich, Luxemburg, deren Haushalt dennoch als vergleichsweise solide gewertet wird, obwohl die überwiegende Mehrheit aller EU-Mitgliedsstaaten, teilweise auch die genannten, selbstauferlegte Verschuldungs- und Defizitgrenze (EU-Konvergenzkriterien) nicht einhalten.

Die Staatsinsolvenzordnung müsste, analog der inländischen Insolvenzordnungen, Durchführungsbestimmungen für das Insolvenzverfahren gegen einen EU-Mitgliedsstaat enthalten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Jahres 2011 stellt sich die Verabschiedung einer Staatsinsolvenzordnung auf EU-Ebene wohl problematisch dar, denn Beschlüsse, Abkommen, etc. müssen von sämtlichen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Weshalb sollten die zurzeit als unsolide eingestuften EU-Mitgliedsstaaten Griechenland, Italien, Irland oder Spanien einer Staatsinsolvenzordnung zustimmen? In Medien und politischen Debatten steht nun der Austritt/Ausschluss einzelner Länder aus der Währungsunion zur Diskussion, was allerdings aufgrund geltender Verträge gleichzeitig den EU-Austritt bedeutet.

Staatsbankrotte hat es weltweit öfter gegeben, Beispiele: Deutschland 1945, Argentinien 2002. Zumeist folgte der Staatspleite eine Währungsreform, was im Falle Griechenland etc. aufgrund der gemeinsamen Euro-Währung nicht mehr möglich ist und daher eine Staatsinsolvenzordnung hilfreich sein könnte.

Staatsverschuldung Deutschlands

Staatsverschuldung Deutschlands wächst seit 60er Jahren kontinuierlich

Obwohl die Staatsverschuldung Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern, insbesondere denen innerhalb des Staatenverbundes EU, als moderat gilt, ist sie seit den 1960er Jahren von kontinuierlichem Anwachsen gekennzeichnet. Zwischenzeitliche Schwankungen nach oben wie nach unten sind dabei inbegriffen. So bewegte sich die Staatsverschuldung Deutschlands im Jahr 2000 fast gegen Null, weil die Versteigerung der UMTS-Lizenzen an Bieter aus der Telekommunikationsbranche der Bundesnetzagentur satte Einnahmen bescherte. Demgegenüber wird die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten als Ursache für ein starkes Ansteigen der Staatsverschuldung Deutschlands gewertet, die sich in den Folgejahren allerdings relativierte, nicht zuletzt aufgrund besagter UMTS-Lizenzen.

Die Verschuldung eines Staates setzt sich im Allgemeinen aus den Schulden öffentlicher Haushalte zusammen. Privatpersonen, Unternehmen, Versicherungen und Kreditinstitute kaufen am Kapitalmarkt Schuldverschreibungen des Staates in Form von Anleihen und erhalten im Gegenzug dafür Zinsen. Kuriosum nicht nur bei der Staatsverschuldung Deutschlands: Nehmen beispielsweise Geldinstitute Kredite bei der jeweiligen Zentralbank (Notenbank) zum Zwecke des Kaufs von Staatsanleihen auf, leiht eine für die staatliche Geldpolitik zuständige Institution indirekt dem Staat das benötigte Geld.

Üblicherweise verteilen sich Schulden eines Staates auf kreditgebende Gläubiger aus dem In- und Ausland. Die Staatsverschuldung Deutschlands setzt sich aus etwa sechzig Prozent Schulden bei inländischen Gläubigern (Kreditinstitute und Nichtbanken) sowie vierzig Prozent Auslandsschulden zusammen. Angaben zur Staatsverschuldung berücksichtigen nicht die Forderungen des Staates gegenüber Dritten sowie Sach- und Vermögenswerte des Landes. Laut Statistischem Bundesamt hatte Deutschland zum Jahresanfang 2011 zirka 1.998 Milliarden Euro Schulden; hohe Zinszahlungen sind die Folge. Artikel 115 im Grundgesetz begrenzt in gewissem Maße die Staatsverschuldung Deutschlands.